Angriffe auf Frachter im Roten Meer könnten das Gleichgewicht im globalen Handel verändern
Von Russian Market
Inmitten einer bereits turbulenten globalen Landschaft, entfaltet sich eine seismische geopolitische Krise, bei der Kämpfer der jemenitischen Huthi Frachtschiffe Schiffe auf einer der wichtigsten Seerouten angreifen. Die jüngsten Provokationen, die sich vor allem gegen westliche und israelische Frachter richten, signalisieren einen tiefgreifenden Wandel, mit dem Potenzial, die Dynamik des globalen Handels neu zu gestalten.
Angesichts der Folgen des Krieges in der Ukraine und der Sanktionen gegen Russland, gibt es klare Anzeichen dafür, dass Russland seinen Einfluss festigt – nicht nur im Roten Meer, sondern auch entlang anderer wichtiger Seerouten, insbesondere entlang jener der Nordmeerroute. Diese Konsolidierung löst eine transformative Verschiebung der traditionellen Machtverhältnisse im gesamten Spektrum des Seehandels aus.
Strategische Angriffe der Huthi
Das Rote Meer, eine zentrale Seeroute für den internationalen Handel, ist neuerdings ein umkämpfter Schauplatz, nachdem die Huthi aus dem Jemen ihre Angriffe eskaliert hatten. Die Führung der Huthi hat erklärt, dass sie aufgrund der Feindseligkeiten in Gaza alle Schiffe ins Visier nehmen würden, die nach Israel fahren oder von dort kommen. Offenbar haben sie es auf westliche Schiffe abgesehen, denn gleichzeitig befahren weiterhin immer mehr russische Öltanker diese Gewässer, um Öllieferungen nach Asien zu bringen, was die Situation noch komplexer macht. Wenn sie begründet ist, verdeutlicht diese selektive Ausrichtung die geopolitischen Feinheiten, die hier mit im Spiel sind, und macht den Seehandel zur Schachfigur bei umfassenderen geopolitischen Manövern.
Da große Reedereien im Hinblick auf die erhöhten Sicherheitsrisiken den Betrieb über das Rote Meer eingestellt haben, ist Europa mit den unmittelbarsten und schwerwiegendsten wirtschaftlichen Auswirkungen konfrontiert. Die Umleitung von Fracht über die Südspitze Afrikas, das Kap der Guten Hoffnung – als Folge der Sicherheitsbedenken im Roten Meer –, stellt erhebliche Herausforderungen dar. Diese alternative Route ist nicht nur länger und teurer, sondern droht auch, die fein abgestimmten Lieferketten zu stören, auf die europäische Industrien angewiesen sind.
Die zunehmende Präsenz Russlands am Roten Meer, inmitten des Ukraine-Konflikts und der gegen Russland verhängten Sanktionen, zeichnet das Bild eines kalkulierten geopolitischen Manövers. Nachdem Europa aktiv nach Alternativen zu russischem Öl sucht, hat Moskaus Ausrichtung seiner Ölexporte nach Asien zu einem erstaunlichen Anstieg seiner Öltransporte über das Rote Meer um 140 Prozent geführt. Dies unterstreicht Moskaus Anpassungsfähigkeit angesichts sich verändernder Dynamiken.
Das Rote Meer, historisch gesehen eine Schlüsselroute für die westliche Schifffahrt, erlebt derzeit einen subtilen, aber tiefgreifenden Wandel in der Machtdynamik des globalen Handels. Die Fähigkeit Russlands, sich in der geopolitischen Landschaft zurechtzufinden und daraus Kapital zu schlagen, sowie die gezielte Natur der Angriffe durch die Huthi deuten auf eine Neuordnung des Einflusses hin. Der Westen verliert die Kontrolle über eine wichtige Handelsroute, während Russland seine Position festigt.
Das sich abzeichnende Szenario erforderte eine umfassende Überprüfung der Sicherheitsmaßnahmen. Es stellt sich die entscheidende Frage: Welche umsetzbaren Schritte können unternommen werden, um wichtige Handelsrouten in dieser sich verändernden geopolitischen Landschaft zu schützen? Ein überzeugender Vorschlag sticht dabei heraus: Militärschiffe gemeinsam mit Handelsschiffe in strategischen Konvois einzusetzen. Diese proaktive Maßnahme gewährleistet eine sichere Durchfahrt durch das Rote Meer und erweitert den Schutz auch während der Durchfahrt zum lebenswichtigen Suezkanal.
Eine weitere pragmatische Option, die auf dem Tisch liegt, ist die Luftüberwachung durch bestimmte Seestreitkräfte, die strategisch positioniert sind, um bestimmte Gebiete dieser Seeroute zu schützen. Basierend auf historischen Präzedenzfällen, insbesondere Erfahrungen bei der Bekämpfung der Piraterie, erweist sich die Bildung von Konvois als eine besonders wirksame Methode zum Schutz der Handelsschifffahrt.
Inmitten dieser turbulenten Gewässer befindet sich der Westen an einem entscheidenden Wendepunkt, an dem er nicht nur die physischen Herausforderungen, sondern auch die nuancierten Strömungen der Geopolitik bewältigen muss. Die Notwendigkeit liegt in einem ausgeprägten Bewusstsein für die sich entwickelnden Umstände und strategischen Überlegungen. In einer Landschaft, in der sich globaler Handel mit geopolitischen Komplexitäten überschneidet, ist die Fähigkeit, wirksame Sicherheitsmaßnahmen anzupassen und umzusetzen, von größter Bedeutung.
Russlands Dreh- und Angelpunkt in der Arktis
Unterdessen leitet Russland seine Öllieferungen über die Nordmeerroute (NMR) nach China um, um Sanktionen zu umgehen und das sich daraus ergebende Potenzial für Zeit- und Treibstoffeinsparungen zu nutzen. Die NMR, die sich über 3.500 Meilen (ca. 5.633 km) entlang der russischen arktischen Küste erstreckt, bietet eine schnellere Route zum chinesischen Hafen Rizhao und die Fahrt dauert lediglich 35 Tage – 10 Tage weniger als über die traditionelle Südroute durch den Suezkanal.
Rosatom, das die NMR beaufsichtigt, betont, dass Schiffe, die nicht zur Eisklasse gehören, nun bei verbesserten Bedingungen im Sommer und Herbst sicher auf dieser Route navigieren können. Dieser strategische Wandel deutet darauf hin, dass Russland den Einsatz von Schiffen prüft, die nicht der Eisklasse angehören, was möglicherweise die konventionellen Schifffahrtspraktiken in der Arktis verändern könnte.
Russlands proaktive Haltung wird auch durch die Ausweitung seiner "schwarzen" Flotte unter Beweis gestellt, mit der die Kontinuität der Öleinnahmen trotz Sanktionen sichergestellt wird. Der stellvertretende Ministerpräsident Juri Trutnew rechnet mit einem Rekordjahr für die NMR, in dem der Frachtumschlag voraussichtlich 36 Millionen Tonnen übersteigen wird – das entspricht einem neunmal höheren Frachtumschlag im Vergleich zu 2015.
Es bestehen jedoch weiterhin Herausforderungen, insbesondere im Versicherungsbereich, da Sanktionen den Versicherungsschutz für russische Schiffe beeinträchtigen. Trutnew schlägt eine gemeinsame Kooperation zwischen Russland und China vor, um dieses Problem anzugehen. Und er betont das Potenzial chinesischer Unternehmen, alternative Versicherungen für russische Schiffe anzubieten, die über die NMR fahren. Während sich Russland mit seinen nuklearen Eisbrechern auf die ganzjährige Schifffahrt über die NMR vorbereitet, wird die Arktis zu einer entscheidenden Bühne sowohl für die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit als auch für geopolitische Manöver. Dieser strategische Dreh- und Angelpunkt in der Arktis schützt Russland nicht nur vor Sanktionen, sondern positioniert die NMR auch als transformative Kraft in der globalen Schifffahrtsdynamik.
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Aus dem Englischen.
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